6. März 2014

Morgenruhe

Es ist wieder soweit. Der Frühling streckt seine Fühler aus und will mich greifen, fest in seinen Armen schlingen, mich liebkosen und mir ein Stückchen Glück schenken...

7:42Uhr, irgendwo Randberlin.
Der Entschluss zu laufen ist gar nicht so leicht, als wie man zu glauben meint. Doch hat man ihn erstmal bezwungen, funktioniert alles von ganz alleine.
Der Weg ist mir nicht mehr gut im Gedächnis; ich gehe einfach drauf los. Wenn ich mal nicht weiter weiß, brauche ich nur die Spitze des hohen Turms am Himmel zu suchen, und ich weiß, welche Wege meine Füße einschlagen müssen.
Es ist so früh. Trotz der angekündigten Frühlingsgrade klaubt sich hauchdünn der Reif an die Welt fest. Auf Autos, auf Knospen, an Häusermauern und Straßenschlidern. Das verlassene Betriebsgelände neben mir wirkt noch verlassener, und im Hintergrund glaube ich kleine, fast durchsichtige Staubbüschel an den Hallenaußenwänden vorbeifegen zu sehen, die vom frischen Morgenwind geschubst werden.
Ich spüre die Kälte unter meinen dünnen Mantel krauchen, und anfangs frage ich mich selbst, ob ich nicht lieber umkehren soll, zurück ins warme Heim, wo ich mir einen heißen Kräutertee machen und mich tief unter Decken graben könnte.
Die Sonne ist hinter dünnen, einheitlichen Wolken verdeckt und ich bezweifle, dass sie es in den nächsten drei Stunden schaffen wird, sich einen Weg durch sie zu bahnen.
Doch ich gebe nicht auf und gehe einfach weiter, lasse knochige Bäume und kaputten Pflasterstein hinter mir. Ich lasse nicht zu dass sich meine Muskeln verkrampfen, und laufe einfach weiter, denn mit jedem Schritt ist das Ziel näher.
Die Straßen sind verlassen, richtig unheimlich, denke ich.
Sonntags sind die Straßen oft am Tagensanfang und Tagesende leer, und mit viel Fantasie kann man sich einreden, als suche die Pest die Großstadt heim.
Manchmal frage ich mich, wie es wäre, wenn die Welt vor der Ausrottung stehen würde, so wie es in unzähligen Katastrophenfilmen dargelegt wird. Wenn plötzlich die Bedrohung, in welcher Form auch immer, näher rückt und man nicht weiß, ob es gut oder schlecht ist, weiterleben zu müssen.
Ich verdränge die Bilder aus meinen Kopf und gehe zügiger, damit mir wärmer wird. 
Ich habe nun schon ein gutes Stück zurückgelassen. Und nun sehe ich auch vereinzelte Menschen, überwiegend ältere, über die Straße huschen. Die Brötchentüte fest am Leib gedrückt, als könnte man sich an ihnen wärmen. Die Mäntel werden straffer zugezogen, anscheinend hat niemand mit diesem kalten Morgen gerechnet. Selbst nur der Gang zum Bäcker ist enorm ungemütlich.
Ich passiere eine kleine Parkinsel, die sich zwischen den Häuserblocks mir in dem Weg stellt. Einige Spatzen hocken im Geäst und beobachten mich scharf. Zwei kommen herunter geflogen und betteln mich an. Ich ignoriere sie und gehe weiter.
Ich laufe nur noch an hohen Wohnhäusern vorbei, mal pastellgelbe, mal bräunliche. Welche mit Balkon, andere ohne. Manche saniert, andere alt und dreckig.
Mein Umfeld wird lebendiger, je näher ich dem Stadtzentrum komme. Straßen werden von einigen Autos und Rädern befahren, Menschen kreuzen meinen Weg oder laufen mirtmir in die selbe Richtung, weil die Bushaltestelle auf dem Weg liegt. Menschen mir Hunden an den Leinen oder Kindern an den Händen.
Ich muss die Hälfte der Strecke hinter mich haben, jetzt wird es ganz schnell gehen. Ich sehe den hohen Turm nun größer und dominanter sich am Himmel abzeichnen. Die Richtung meines Weges ist überwiegend schnurstracks geradeaus. Und so gehe ich weiter, mit Schweiß im Nacken, und schau mir die Stadt am Morgen an.

4 Kommentare:

  1. Ich bin grade in Gedanken mit dir mitgelaufen :-)
    Schön geschrieben!

    liebe Grüße und schönen Sonntag

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    1. Vielen Dank! =)
      Dir auch noch eine schöne Restwoche!

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  2. Ich bin vieeeel zu selten in der Bloglandschaft unterwegs, aber wenn, dann schaue ich immer mal wieder bei dir vorbei. Früher habe ich schon immer genossen, deine kleinen Beiträge zu lesen, aber ich finde, dass sie mit der Zeit immer besser werden ... du vermittelst so eine schöne und tiefe Stimmung, Respekt dafür! Von deinen grandiosen Bildern mal abgesehen!
    Komm noch gut durch die Woche,
    alles alles liebe,
    Mina

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    1. Vielen Dank für deine lieben Worte! Das motiviert!! :))
      Dir ebenfalls eine schöne Restwoche!

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